|  |

Bericht
über das Jahr 2008
Das Jahr 2008 war aus meiner Sicht ein erfolgreiches Jahr, aber es hat mir und mit Sicherheit auch einigen anderen Personen eine Menge Nerven gekostet.
Die Ukraine ist kein Land wie Deutschland oder Österreich, oder sonst ein europäisches Land in dem alles seinen geregelten Gang geht. Hier geht alles was Gesetze angeht eher drunter und drüber. Niemand, selbst auf Ämtern, kennt so recht die aktuellen Gesetze und Vorschriften. Deshalb es ist oft schwierig, verwaltungstechnische Dinge so erledigt zu bekommen, dass sie hieb- und stichfest sind. Das kostet mich Kraft, die ich viel lieber wo anders investieren würde.
So war auch der Erwerb und die verwaltungsmäßige Durchführung des Landerwerbs für unser Zukunftsprojekt mit vielen Schwierigkeiten gespickt. Letztlich ist es mir aber doch geglückt und der Verein ist nun rechtmäßig im Grundbuch eingetragener Besitzer eines Grundstücks auf dem wir das geplante Haus errichten wollen.
Die wichtigsten Voraussetzungen für den Bau des Hauses sind ein entsprechender Bauplan und ein geeigneter Zufahrtsweg. Mit diesen beiden Aufgaben war und bin ich über weite Strecken mehr als ausgelastet. Tagsüber die körperlich sehr anstrengende Arbeit an der Zufahrt und abends die geistige Arbeit an den Bauplänen.
Auf der insgesamt ca. 1700 Metern der Zufahrt musste ich zwei kleinere Felserhebungen mittels roher Gewalt und primitivsten Werkzeug einebnen. Als das getan war gab es auch noch so manche böse Überraschung. So wurde mir als ich mit meiner Zufahrt nur noch ca. 50 Meter Luftlinie vom Objekt war, durch eine Anliegerin der direkte Weg zum Grundstück untersagt, so dass ich einen Umweg von ca. 500 Metern anlegen musste. Schwere Unwetter und mehr als 2 Wochen fast durchgehender Regen machten aus meinem Weg einen kleinen Fluss. Ich sah in dieser Zeit meine Arbeit im wahrsten Sinne des Wortes den Bach runter gehen während ich, bewaffnet mit Schaufel und Spitzhacke, gegen diese Bedrohung ankämpfte. In unserem Dorf wurden Strassen, Brücken und Häuser von den Wassermassen zerstört. Selbst hier wo ich derzeit wohne, stand das Wasser, so dass meine Frau Larisa schon die wichtigsten Sachen zusammengepackt hatte um gegebenenfalls fliehen zu können. Als der Regen endlich aufhörte, atmete ich auf und machte mich daran, alle Schäden an der Zufahrt zu beseitigen. Als das getan war und ich auch den Rest der Zufahrt fertig gestellt hatte berichtete ich Euch voller Freude, dass ich endlich nach langer Zeit und großem Kampf mit dem Unwetter meine Straße fertig hatte.
Die andere Aufgabe, die Arbeit an den Bauplänen kostete mich dagegen nicht nur viel Zeit, sondern auch eine Menge Nerven. Zunächst musste ich erst einmal lernen, wie man einen Bauplan zeichnet. Dann kamen die Diskussion mit Alois Vogg, Ludger Werner und Werner Killmeyer die ihre Ideen einbrachten und ich musste die Pläne entsprechend verändern, was keineswegs einfach war für mich. Die Baupläne waren aus meiner Sicht, um alle zufrieden zu stellen, eine wirklich schwere Geburt.
Möglich war das alles überhaupt erst dadurch, dass ich seit Mai 2008 einen Anschluss ans Internet über Satellit habe den der Verein finanziert. Somit muss ich nicht mehr 80 km in eine Richtung ins nächste Internetkaffee fahren, um Mails zu versenden oder zu empfangen bzw. die Informationen über das Projekt auf der Homepage aktuell zu halten. Über diesen Weg führen der Vorstand und ich Telefonate und Konferenzgespräche zur gegenseitigen Abstimmung ohne Telefonkosten zu generieren. Dadurch ist die Kommunikation mit dem Vereinsvorstand - allen Detailproblemen die sich aus ungünstiger Wetterlage und sonstigen Übertragungsengpässen ergeben zum Trotz - um vieles leichter und effizienter geworden.
Als nun die Zufahrt gesichert und die Pläne für das Gebäude gezeichnet und abgestimmt waren machte ich mich voll Elan daran, mit dem Bau einer Unterkunft am Grundstück zu beginnen. Eine solche ist leider nötig um den Verlust von Materialen und Werkzeug durch Diebstahl zu verhindern. So hob ich das Fundament aus und kaufte Zement und Holz. Als ich dann noch Geld auf dem Konto sah dachte ich: „super, was für ein Segen. Jetzt kann ich mir auch noch einen Betonmischer kaufen“. Gesagt, getan. Und weil es auch noch mit der Zusage, dass man mir Strom zum Grundstück leitet Probleme gab, habe ich auch gleich noch einen 2,5 kw Stromgenerator angeschafft.
Von meinem erfolgreichen Einkauf aus Ivano-Frankivsk zurückgekehrt wollte ich am Grundstück nach dem Rechten schauen und — traute meinen Augen nicht: Ein Großteil meiner Arbeit an der Zufahrt war zerstört. Skrupellose Leute haben mit riesigen Traktoren und Lkws ihre gefällten Bäume über meine neue Strasse abtransportiert und das auch noch bei Regenwetter, denn sie wussten dass ich nicht vor Ort war. Ich weiß nicht, ob Ihr Euch vorstellen könnt, wenn Lkws mit 20 und mehr Tonnen über solch einen Weg fahren und, da es bergab geht, ständig bremsen. Die Strasse sah aus wie ein umgepflügter Acker. Ich war den Tränen nahe und obendrein stink sauer. Ich redete mit allen Anwohnern und machte ihnen riesige Vorwürfe, wie sie das zulassen konnten. Die Strasse sollte ja nicht nur für mich alleine sein. Bei den meisten Leuten kam nur ein Achselzucken und „was kann ich schon alleine gegen diese Holzmafia ausrichten?“. Dann aber kam ich an einen Jungen Mann der unser neuer Nachbar ist. Auch ihm machte ich diese Vorwürfe und er meinte ebenso, dass er alleine gegen diese Leute nichts ausrichten könnte. Da kam es plötzlich aus mir heraus: „Dann müssen wir uns halt alle zusammenschließen. Ich möchte sehen was sie dann gegen uns alle ausrichten wollen“. Diese Worte haben ihn offenbar berührt und er erklärte sich spontan bereit, mir bei der Wiederherstellung der Strasse zu helfen. Er wollte auch seinen kleinen Lkw zur Verfügung stellen wenn ich den Sprit übernehme. Das sagte ich gerne zu und wir begannen gleich am nächsten Morgen. Während wir nun arbeiteten kamen die Nachbarn einer nach dem andern vorbei mit den Worten „Gott möge euch helfen“. Darauf sagte ich: „Gott hilft schon, aber auch Deine Hilfe wäre hier nicht schlecht, denn auch Du darfst dann die Strasse benutzen“. Das wirkte. Bald waren wir zu zwölft mit 2 kleinen LKWs. Aus dem Fluss holten wir eine Fuhre nach der anderen mit Steinen, die wir dann sorgfältig im Verband aneinanderlegten. Dann holten wir Fluss-Schotter, den ich bezahlte. Den kippten wir darüber und verteilten ihn gleichmäßig.
Es war schon etwas seltsam, dass genau die Leute, die Anfangs den Kopf schüttelten nun alle mithalfen. Meine Frau machte für uns alle Essen und so manch einer brachte dann noch eine Flasche Schnaps. In der großen Runde kamen dann die Worte: „Da muss erst ein Deutscher kommen, damit wir hier eine Strasse bekommen“. Die Arbeiten gingen oft bis es schon dunkel war und bis zum Wintereinbruch konnten wir ca. ¾ der gesamten Strasse richtig befestigen, so dass jetzt sogar ein voll beladener kleiner Lkw, also ca. 8 Tonnen über unsere Strasse fahren kann, ohne dass sie Schäden davon trägt. Auch das Problem mit der Holzmafia haben wir jetzt im Griff. Wenn auch nur einer von uns etwas mitbekommt, verständigt er gleich den nächsten, und so weiter und wir stellen uns den entgegen. Es hat bis jetzt gut geklappt. Selbst Bestechungsversuche mit Schnaps und Geld sind fehlgeschlagen. Gott sei Dank!
Die kleine Unterkunft konnte ich leider in diesem Jahr wegen dem frühzeitigen Wintereinbruch nicht fertig stellen. Sobald im Frühjahr der Schnee weg ist und der Frost ein Ende hat, werde ich dort fortsetzen. Jetzt hat es oft 20° und mehr unter Null aber ich weiß, auch das geht vorbei.
Dies alles, in groben Zügen beschrieben, gab es für das Jahr 2008 zu berichten. Es konnte aber alles nur durch Eure großherzigen Spenden finanziert werden.
Vielen lieben Dank nochmals Euch allen.
Euer Uwe
|
 |
|
|